Donnerstag, 26. November 2009

11/25/09 Luxor, Köln

Mittwoch, 25. November 2009. Ein unangenehmer Geruch reißt mich aus dem Schlaf. Mmh, es sind meine ausgedünsteten Bühnenklamotten vom Vorabend. Da haben wir in Frankfurt am Main im Nachtleben gespielt. Als ich dann ins Land der Träume gewandert bin, hatte ich folgenden kurzen Traum: Ich stehe in einer verlassenen Betonwüste, eine Geisterstadt. Die Hitze treibt den Puls in meine Schläfe. Mein Hals ist rau und trocken. In kräftigen Schlücken sauge ich einer Vittel Flasche den letzten Rest aus dem Bauch und drücke einen seltsamen Rhythmus in das knisternde Polyethylen. Ich kneife die Augen zusammen, blicke mich um und laufe los, ohne das Gefühl zu haben, dass ich wisse wohin es gehen soll. Umgeben von verfallenen Nachkriegsbauten, umgeknickten Straßenschilder und zerfetzten Plakatwänden spaziere ich durch die leeren, breiten Straßen. Die vergammelten Reste eines zerfleischten Müllsacks stolpern im Entengang auf die Schattenseite der Gasse. High Noon. Der sandfarbene Horizont flimmert im Übergang zur heißen Einöde.

Aus dem Staubnebel tritt eine hagere Silhouette hervor. Ein leuchtender Kranz aus Orange und Silber umgibt die Gestalt. Ich vermute, dass es ein Entsorgungs-Beauftragter der Stadt sein müsse. Er zeichnet im niedrigen Sonnenlicht einen langen Schatten auf den ockerfarbenen Schotter. Sein Kopf ist mit Asche bedeckt und dünstet aus wie ein Schornstein. Im Mundwinkel klebt ein Stengel verbranntes Papier, eine Zigarette. "Hey sie" er sieht mir in die Augen und deutet auf die Vittel-PET-Flasche. "An ihrer Stelle würde ich das nicht trinken.", sagt er während er seine Arme vor seiner Brust verschränkt und sich in ein nicht vorhandenes Netz zurücklehnt. "Wieso? Ich trinke das schon immer", sage ich zu ihm, obwohl ich gerade nicht weiß, ob "schon immer" heißt, dass ich das trübe Wasser seit meiner Geburt oder dem letzten Schluck trinke. "Sie haben wohl nichts von der fakultativen Bakterienplage gehört, was? Fakultativ, das heißt soviel wie un-auf-ge-for-dert" er dehnt jede Silbe mit einer Grimasse in die Länge "Jaaa, Streptococcus mutans! Mutanten! Sie haben es alle getrunken. Sie sind hier. Überall. Keiner ist der Plage entkommen, der es getrunken hat, sagen die Wissenschaftler" mit seinen beiden Händen zeichnet er die Wissenschaftler mit Gänsefüßchen in die Luft. "Und was meinen sie", frage ich ihn "was trinken soll?". Bevor ich meine Frage zu Ende gestellt habe reicht er mir einen Flachmann begleitet vom einem breiten zahnlosen Grinsen. Sein Papierstengel richtet sich aufmerksam auf. Ein beißender Geruch von selbstgebranntem Schnaps steigt mir entgegen. Und bevor ich "Danke" sage greife ich zu und ersticke das Wort im gurgelnden Spiritus.

Dann wache ich auf, weil das Telefon klingelt. Dommy ist am anderen Ende der Leitung und kommt in einer dreiviertel Stunde, um mich abzuholen. Wir fahren nach Kölle. Mmmh, der Traum ist mit Sicherheit auf das geniale Buch, das ich gerade lese, zurückzuführen. Cormac Mc Carthy, "Die Straße". Ein Vater durchwandert mit seinem jungen eine ebenso postapokalyptische Welt, wie in meinem Traum. Ich nehme also das Buch und steige in ein Erkältungsbad, das nach Thymian und Salbei duftet. Dann esse ich zehn Mandarinen, trinke einen halben Liter Buttermilch und packe mein stinkendes Bühnenoutfit ein. Dommy kommt und wir fahren nach Köln, um heute Abend im Luxor ein Konzert zu spielen.

In Köln angekommen läuft alles wie geschmiert. Wir bauen auf, warten, warten, warten auf unseren Soundcheck. Martin und Ralf treffen ein. Nach dem Soundcheck geht es zum Inder und es gibt viel zu viel zu essen. Mit vollem Magen geht es zur post-dinnirösen Meditation in den Backstage-Raum und dann Punkt neun auf die Bühne. Wir hoffen, liebes Köln, dass ihr so viel Spaß hattet, wie wir. Da das Gefühl der Band im Ohr des Publikums liegt, zum Teil zumindest, und umgekehrt, gehen wir einfach mal davon aus, dass es euch gefallen hat. Aber ich habe auch mal wieder gelernt, ich glaube das haben wir alle, dass man einfach nicht so früh vor dem Konzert so viel essen sollte, egal wie lecker es ist. Also, alles Gute vorerst und in diesem Sinne wünsche ich euch allen im Namen von NUKULAR eine tolle Zeit. Euer euch immer liebender Woody.


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