Freitag, 27. November 2009

11/26/09 Rosenhof, Osnabrück

Donnerstag, 26. November 2009. Ich liebe es in Hotels ins Bett zu steigen, am besten nicht allein, aufzuwachen und abzuhängen. Es wird am ganzen Leib spürbar, was es heißt, ein Neuzeit-Nomade zu sein. Man stürmt in ein Zimmer, schmeißt das Gepäck aufs Bett, genießt die Freiheit, alles um sich herum liegen lassen zu dürfen. Die Uhr bleibt stehen, die Pflichten liegen, wenn überhaupt, in weiter Ferne und das Bett ruft – nach ausgedehnter Entspannung oder spannenden Dehnungsübungen. Um halb fünf lösche auch ich das Licht und verfalle in einen verdient tiefen Schlaf und habe folgenden Traum: Ich stehe an einem barocken Friedhofseingang im Zentrum von Neukölln. Ein frischer Frühlingsmorgen. Ich muss meine müden Augen im grellen Sonnenlicht zusammenkneifen. Es riecht nach Currywurst, Flieder und Hundescheiße. Etwas Unvorhersehbares liegt in der Luft. Wie in den Morgenstunden des World-Trade-Center Anschlags. Über Nacht haben die Kirschbäume ihre Blüten verloren. Eine kranke schwarzgraue Krähe purzelt von einer morschen Platane und humpelt durch den Straßendreck unter ein rostiges Wohnmobil. "Make Love - just do it!" - steht in regenbogenfarbenen Flower-Power-Lettern auf der Längsseite des VW-Bullys. Anstatt einem NIKE Logo macht sich eine rauchende konische Sportzigarette unter dem Schriftzug breit. Ich fummele ein Roth-Händle (au!) Päckchen aus der Brusttasche meiner schwarzen Lederjacke und stecke mir das krümelige Ende in den Mundwinkel. Ich taste mich ab und finde kein Feuer. Von rechts schießt mir eine Faust vors Gesicht, geballt um die tanzende Flamme eine Benzinfeuerzeugs. Ich sauge den bitteren Qualm ein und huste ihn in stotternden Stößen wieder aus.

Ein großer junge in einem sauberen graublauen Hip-Hop-Suit grinst mich an. "Ey yo, yo,yo", er rückt sich die ungeknickte Kappe zurecht. "Was geht ab Woody!". Ich kenne den juvinalen Jungrapper, aber wie das manchmal ist liegt mir sein Name auf der Zunge, aber er will nicht rausspringen. Also, umgehe ich meine Unsicherheit mit einer Offensive. "Na! Alles klar bei dir? Lange nicht gesehen." Er lacht und fragt, ob ich an Alzheimer leiden würde. Ich verstehe es nicht, will ich auch nicht, da ich über Minderheiten-Witze oder Kranken Humor nur von Minderheiten oder Kranken erzählt lachen kann. Er sagt er würde den Battle gewinnen und holt einen Stapel Papier aus seinem Kapuzenpullover. "Yo Woody, ich würde sagen ich bin der Winner" ein naives Freudestrahlen zieht sich durch sein Gesicht. Er legt den Kopf zur Seite und schielt mich mit aufgerissenen Augen an. "Schau!", nur Menschen aus Bayern sagen "schau", er zeigt mir Postkarten von Tapetenmustern. Es sind Muster von William Morris aus dem neunzehnten Jahrhundert, aber in grellen, Neon-Farben. "Damit kriege ich sie!" und ich weiß, wen er meint - eine gute Freundin von mir, die wirklich süß ist und ich sie auch von Herzen gern habe, aber ohne dabei an die körperliche Vereinigung zu denken - zumindest nicht vorrangig. Das ist bei dem gutgelaunten Szene-Gangster wohl anders. Er glaubt, wir hätten einen Kampf um die Pole-Position. "Yo Mann, ich mach den ersten Stich, Alter!", dabei stößt er mit den Handflächen vor seinen Schritt. Ich halte eine Postkarte mit einem Tapetenmuster in der Hand. Darauf steht in goldenen Buchstaben. LEFT OR RIGHT. Und ich denke, verlassen oder richtig... und wache auf.

Ich frühstücke mit Dommy und erneut fällt mir auf, dass für einen Gourmet, wie ich es gerne wäre, Saumon sur la table de petit déjeuner extremement geil ist, aber ohne Meerettich höchstens fünfzig Prozent. Ich bin gespannt, ob es jemandem gelingt, auf der Tour ein Lachsfrühstück zu zaubern mit: Lachs, Dill, Meerettich, Zitrone, frisches Haselnussbrot und natürlich Sekt (Woody! Es reicht!). Ich steige mit Dommy in den Bus und wir machen uns auf den Weg nach Dortmund, um das Community-Team der Online- und Radio-Promotion zu treffen. Wir haben sehr wenig Zeit und es reicht nur für flüchtige Worte. Aber zum Glück hat man sich mal offen und ehrlich in die Augen sehen können. Dann fahren wir auf die Autobahn und schleichen durch den zähflüssigen Verkehr bis nach Osnabrück. Im Rosenhof angekommen sind wir sofort begeistert von der Größe der Bühne und der Halle. Es wird ein riesen Fest werden. JUHUUUH! Dommy schießt saugeile Photos und ich mach ein paar Videoaufnahmen. Dann das volle Programm. Spielen, Abbauen, Trinken, Hotel und um fünf Uhr in der Frühe gehen mir die Lichter aus... Also, stay tune für die heißesten Neuigkeiten von NUKULAR. Im Namen der Band grüße ich Euch von ganzem Herzen und wünsche Euch Frieden und Bewußt-Sein... Euer Woody!




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